Betreff
Beratung und Beschlussfassung über die Einrichtung eines eigenen Strombilanzkreises für die Liegenschaften der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels
Vorlage
01/710/VI/404/2024
Art
Beschlussvorlage Werke

Sachverhalt:

 

In Deutschland wird Strom über sogenannte Strombilanzkreise geliefert und abgerechnet. Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Energiemengenkonto für Strom und stellt die Verbindung zwischen der virtuellen Welt des Stromhandels und der physischen Welt der Energielieferung sowie der Netzstabilität her. Damit wird sichergestellt, dass nur genau die Energie verkauft oder geliefert werden kann, die produziert oder gefördert wurde und dass jeder Energielieferant seine Mengen auch exakt an den Energiemärkten oder über eigene Erzeugung bzw. Förderung beschafft hat.

Dies galt bisher vornehmlich nur für den klassischen Stromhandel und war zumeist auf Energieversorger und Netzbetreiber beschränkt.

Dieses Modell wurde nunmehr ausgeweitet, so dass insbesondere Strombilanzkreise auch für selbst erzeugte Erneuerbare Energien, z. B. aus Photovoltaik oder BHKW`s genutzt werden können um eigene Liegenschaften zu versorgen. Dies macht insbesondere wirtschaftlich dann Sinn, wenn der konventionelle Strompreis hoch und die vergütete EEG-Vergütung niedrig ist und produzierte Strommengen am Standort „X“ nicht verbraucht werden können.

Beispiel:

Die PV-Anlage der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels auf dem Turnhallengebäude in Gossersweiler-Stein hat 2023 insgesamt 24.000 kWh produziert, während 12.260 kWh (= rd. 53 %) selbst verbraucht wurden, wurden dennoch 10.720 kWh in das Netz eingespeist.

Bei 100 % igem Selbstverbrauch hätte die Verbandsgemeinde 9.600 € der Stromkosten eingespart, so waren es vorliegend nur 4.904 € zuzüglich 857 € (EEG-Vergütung), also 5.761 €, was einer wirtschaftlichen Verschlechterung gegenüber dem Bilanzkreismodell von rd. 4.000 € entspräche.

Die Gründung eines eigenen Bilanzkreises ist allerdings nicht trivial. Neben der kaufmännischen Einrichtung müssen zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, die zunächst auch Geld kosten. Zu nennen ist hier vor allem eine Änderung der Messeinrichtung, da beim Strombilanzkreismodell Stromerzeugung und zeitgleicher Stromverbrauch in unterschiedlichen kommunalen Liegenschaften bilanziell miteinander verrechnet werden müssen. Beispielsweise kann so ein Turnhallendach vollständig mit Photovoltaik belegt werden und eine Schule mitversorgen, die sich in einem anderen Ortsteil befindet. Mit diesem innovativen Modell ist es möglich, den Strom auf dem einen Gebäude zu produzieren, ihn in das vorhandene öffentliche Netz einzuspeisen und in anderen kommunalen Liegenschaften ohne Zusatzkosten zu verbrauchen.

Dieses Modell wurde maßgeblich in Hessen, und zwar im Main-Taunus-Kreis entwickelt und praktiziert. Dort wurden rd. 30 PV-Anlagen des Landkreises und 8 BHKW in einem Strombilanzkreis zusammengefasst, mit dem Vorteil, dass nicht verbrauchter Strom in der Liegenschaft A in der Liegenschaft B verbraucht werden kann. Dies führt neben wirtschaftlichen Vorteilen auch dazu, dass die Quote der Erneuerbaren Energien entsprechend steigt.

 

 

Voraussetzungen dafür:

-          Zeitgleichheit des Verbrauchs, d. h. in den beteiligten Liegenschaften werden für die Messung von Erzeugung und Verbrauch sog. 4Q-Zähler benötigt, die entsprechende Messwerte im Viertelstundentakt übermitteln; diese müssen nachgerüstet werden. Die Messung kostet derzeit rd. 700 € / Jahr je Abnahmestelle

-          Personenidentität des Verbrauchers und des Erzeugers

-          Einrichtung eines Bilanzkreises mit Bilanzkreisverantwortlichem, mit zusätzlichem finanziellem Aufwand.

Die vorgenannten Voraussetzungen können in der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels grundsätzlich erfüllt werden. Die Frage ist allerdings: Lohnt sich dies derzeit?

Die Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels betreibt derzeit folgende PV-Anlagen:

-          Grundschulturnhalle Gossersweiler-Stein

-          Grundschule Annweiler am Trifels

-          Grundschule Ramberg

-          Kläranlage Annweiler am Trifels + BHKW

Demnächst Schwimmbad Annweiler am Trifels und Rathaus der Verbandsgemeinde in Annweiler am Trifels. Des Weiteren sind zahlreiche Dächer der Verbandsgemeinde (Grundschule Albersweiler + Gossersweiler sowie Feuerwehrwache Annweiler am Trifels) an die Stadtwerke Annweiler am Trifels verpachtet.

Nach Ende der Pachtverträge, etwa um 2032, können die verpachteten Anlagen von der Verbandsgemeinde kostenfrei übernommen werden.

Alle vorgenannten Anlagen im Eigentum der Verbandsgemeinde erhalten derzeit Hohe Volleinspeisungsvergütungen bzw. verbrauchen den Strom durch Speicher nahezu selbst. Einzig die Anlage auf dem Grundschuldach in Gossersweiler hätte noch die vorgenannten Kapazitäten Strommengen an andere Liegenschaften der Verbandsgemeinde abzugeben.

Infolge der hohen Aufwendungen ist dies derzeit allerdings derzeit nicht rentabel.

Dies ändert sich u. U. durch die Hinzunahme weiterer Anlagen, u. a. Schwimmbad, Kläranlage und VG-Rathaus. Es wird daher vorgeschlagen, dass Projekt weiter zu verfolgen und im Falle zunehmender eigenproduzierter und nicht selbstverbrauchter Strommengen einen eigenen Bilanzkreis zu erstellen.

 

 

 


Beschlussvorschlag Ausschuss:

 

Der Werkausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und beauftragt den Werkleiter über den Fortgang zu berichten.