Sitzung: 02.07.2015 Verbandsgemeinderat
Beschluss: beschlossen
Abstimmung: Ja: 27, Nein: 0, Enthaltung: 0, Befangen: 0
Im Rahmen des Zweiten Landesgesetzes über die Kommunal- und
Verwaltungsreform vom 28.08.2010 wurde Abs. 3 des § 67 GemO eingefügt und bildet
somit die Rechtsgrundlage für Verbandsgemeinden u.a. die Aufgabe der
„Tourismusförderung“ als eigene Selbstverwaltungsaufgabe wahrzunehmen.
In Anwendung dieser Rechtsvorschrift
beabsichtigt die Verbandsgemeinde Annweiler die Aufgabe „Tourismusförderung“
gemäß § 67 Absatz 3 GemO, soweit sie von überörtlicher Bedeutung ist, als
Selbstverwaltungsaufgabe mit Wirkung ab 01.01.2016 zu übernehmen.
Diese Aufgabenübernahme ist allerdings auf
Angelegenheiten beschränkt, die von überörtlicher Bedeutung sind.
Angelegenheiten von überörtlicher Bedeutung ergeben sich aus
- Führungs- und Planungsgrundlagen
- Angebotsentwicklung und – management
- Außenmarketing
- Innenmarketing und
- Touristinformation.
- Führungs- und Planungsgrundlagen
Die hierzu gehörende Teilaufgabe Aufbau- und
Ablauforganisation ist als überörtlich zu bewerten, da es sich hierbei um eine
Grundvoraussetzung für die originäre Aufgabenwahrnehmung durch die
Verbandsgemeinde handelt. Dies gilt gleichermaßen für die weitere Teilaufgabe
Planung mit den Unteraufgaben Tourismuskonzept, Marketing- und Mediaplanung.
- Angebotsentwicklung und –management
Hier sind die Teilaufgaben Angebotsgestaltung,
Produktentwicklung und Qualitätsmanagement als überörtlich bedeutsam zu werten.
Für alle drei Teilaufgaben ist das Kriterium „Qualität“ von entscheidender
Bedeutung.
Dies ist ein maßgebliches Erfolgskriterium
der touristischen Marktbearbeitung. Voraussetzung hierfür ist qualifiziertes
Fachpersonal, das auf Grund der Kleingliedrigkeit in der Regel in den
Ortsgemeinden nicht vorgehalten werden kann.
3.
Außenmarketing
Das Außenmarketing ist im Regelfall als
überörtliche Aufgabe zu bewerten, die selbst auf Verbandsgemeindeebene nicht
ausschließlich durch diese wahrgenommen werden kann. Die Verbandsgemeinde wird
sich insoweit in das touristische Regionsmarketing (z.B. Dachverband Verein
Südliche Weinstraße e.V.) einbringen.
4.
Innenmarketing
Das Innenmarketing ist eine wesentliche
Aufgabe des Destinationsmanagements. Es erfordert entsprechende personelle und
finanzielle Resscourcen, die die Ortsgemeinden überfordern. Daher ist es als
überörtlich einzuordnen.
- Touristinformation
Eine zentrale Touristinformation in einer
Verbandsgemeinde ist die maßgebliche Anlaufstelle für die vor Ort bzw. in der
Region anwesenden Gäste und daher ebenfalls als überörtlich bedeutsam zu
bewerten. Zur Gewährleitung einer einheitlichen und durchgängigen Angebotsqualität
kommt gegenüber der örtlichen Touristinformation der Beratungs- und
Unterstützungsfunktion der Verbandsgemeindeverwaltung nach § 70 Abs. 2 S. 1
GemO: „Die Verbandsgemeindeverwaltung berät und unterstützt die Ortsgemeinden
bei der Erfüllung ihrer Aufgaben“ eine gesteigerte Bedeutung zu.
Das dringende öffentliche Interesse an der
gemeinsamen Aufgabenerfüllung ist in Absatz 3 Kraft Gesetz gegeben. Es ist
sinnvoll die Aufgabe der kommunalen Tourismusförderung auf
Verbandsgemeindeebene wahrzunehmen, da sich der Tourismus seit
Verbandsgemeindebildung stark gewandelt hat. Reichten vor mehr als 30 Jähren
örtliche Angebote aus, um Gäste anzusprechen, erwartet der Tourist heute im
Allgemeinen eine touristische Infrastruktur, die großräumig ist. Erst dann können
die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die der Tourismus bietet, voll ausgeschöpft
werden. Des Weiteren bedarf es einer ortsübergreifenden Werbung und Vermittlung
touristischer Dienstleistungen.
Eine Bestandserhebung des Tourismus- und
Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz e.V. aus dem Jahr 2009 zu den touristischen
Strukturen auf der lokalen Ebene hat ergeben, dass diese durch ein hohes Maß an
Heterogenität gekennzeichnet sind. So gibt es eine Vielzahl von Klein- und
Kleinstorganisationen. 40% verfügen über maximal 50.000 Euro, davon knapp zwei
Drittel über weniger als 15.000 Euro. 40% der Organisationen verfügen max. über
1,0 Vollzeitstellen. Dies sind nach Auffassung des Tourismus- und
Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz e.V. „Kennzeichen von ineffizienter Aufgabenwahrnehmung
und bestätigen den Bedarf zur
Zusammenführung und Straffung der Strukturen (zumindest) auf Ebene der
Verbandsgemeinde“.
Finanzielle
Auswirkungen:
Auch wenn die Verbandsgemeinde die Aufgabe „Tourismusförderung“ bislang noch nicht formell übernommen hat ist es faktisch jedoch so, dass zahlreiche Ausgaben für den Bereich Tourismus (seit Jahrzehnten) von der Verbandsgemeinde getragen werden. Die Finanzierung dieser Ausgaben über den Verbandsgemeindehaushalt wird von allen Ortsgemeinden akzeptiert. Nachdem mittlerweile der Gesetzgeber durch Einfügung des § 67 Abs. 3 GemO die Möglichkeit für die Verbandsgemeinden eröffnet hat, die Aufgabe der Tourismusförderung als eigene Selbstverwaltungsaufgabe wahrzunehmen, sollte die Aufgabe nunmehr auch formell von der Verbandsgemeinde übernommen werden um Ausgaben- und Aufgabenidentität und damit Rechtssicherheit zu schaffen.
In den vergangenen Jahren wurden jährlich durchschnittlich folgende laufende Ausgaben für den Bereich Tourismus über den Haushalt der Verbandsgemeinde finanziert:
·
Personalkostenzuschuss
an Verein SÜW Annweiler 120.000
– 130.000 €
Mietkostenzuschuss an Verein SÜW
Annweiler 6.000
€
Mitgliedschaften und
Kooperationen der Verbandsgemeinde 25.000
€
à Pfalz-Touristik e.V., Tourismus- Heilbäderverband,
Wanderarena Pfälzer Wald ( insg. 13.500 €)
à neu: Mountainbikepark Pfälzer Wald (11.500 €)
Weitere Zuschüsse an Verein SÜW
Annweiler (Marketingumlage) 10.000
€
àQualitätsinitiative Wandern, überörtliche Werbung
Darüber hinaus gibt es immer wieder einmalige Ausgaben die über den Haushalt der Verbandsgemeinde finanziert werden wie z. B. Kostenbeitrag Landesgartenschau, Einrichtung Mountainbikepark.
Die formelle
Aufgabenübernahme durch die Verbandsgemeinde ist insoweit ohne finanzielle
Auswirkungen für Verbandsgemeinde und Ortsgemeinden, weil alle vorgenannten
Ausgaben bereits bisher über den Verbandsgemeindehaushalt abgewickelt wurden.
Es wird vorgeschlagen, im Zuge der Aufgabenübernahme die Marketingumlage an den Verein SÜW
Annweiler von bisher durchschnittlich
10.000 € pro Jahr auf 45.000 € pro Jahr
zu erhöhen.
Begründung:
Der dem Verein SÜW zur Verfügung stehende Betrag für Marketing (eigene überörtliche Werbemaßnahmen, Hompage, Prospekte, Kooperationen, Innenwerbung mit Veranstaltungen) ist seit Jahren rückläufig. Ursachen hierfür sind steigende Kosten in anderen Bereichen (Klassifizierungen und Zertifizierungen, Versicherungen, anteilige Kosten an überregionalen Projekten wie Alpregio, deskline, Kartenmaterial Vis-à-Vis, technische Ausstattung) sowie geringere Einnahmen bei Pauschalen und der Wegfall von Zuschüssen (Keschdefeschd Stadt). Für die eigentliche Kernaufgabe, die eigene überörtliche Tourismuswerbung für das Trifelsland, stehen derzeit jährlich lediglich 6.000 bis 10.000 € zur Verfügung.
Im Gegenzug zur Erhöhung der Marketingumlage soll die Mitgliedschaft der Ortsgemeinden im Verein SÜW Annweiler beitragsfrei gestellt werden bei gleichzeitigem Wegfall der möglichen Inanspruchnahme des sog. Drittelanteils durch örtliche Untergliederungen. Darüber hinaus sollen Anzeigen in Imagebroschüre und Wanderführer für die Ortsgemeinden künftig kostenfrei sein.
Die finanziellen Auswirkungen für die Ortsgemeinden stellen sich wie folgt dar:
·
Marketingumlage 45.000
€
·
bereits
bisher über Haushalt VG finanziert und damit ohne
zusätzliche
Auswirkungen auf Ortsgemeinden -10.000
€
·
Beitragsfreiheit
der Ortsgemeinden im Verein SÜW Annweiler -12.000
€
·
Kostenfreiheit
für gemeindliche Anzeigen in Imagebroschüre
und
Wanderführer -11.000
€
„echte“ Mehrbelastung der
Ortsgemeinden 12.000
€
(=
0,1%-Punkt VG-Umlage)
Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am
18.06.2015 einstimmig die Aufgabenübernahme „Tourismusförderung“ im Rahmen des
§ 67 GemO empfohlen.
- Der Verbandsgemeinderat beschließt einstimmig die Aufgabenübernahme
„Tourismusförderung“ im Rahmen des § 67 Abs. 3 GemO.
- Der Verbandsgemeinderat beschließt einstimmig dem Verein SÜW
Annweiler jährlich eine Marketingumlage in Höhe von 45.000,00 € zur
Verfügung zu stellen.