Beschluss: beschlossen

Abstimmung: Ja: 27, Nein: 0, Enthaltung: 0, Befangen: 0

Im Rahmen des Zweiten Landesgesetzes über die Kommunal- und Verwaltungsreform vom 28.08.2010 wurde Abs. 3 des § 67 GemO eingefügt und bildet somit die Rechtsgrundlage für Verbandsgemeinden u.a. die Aufgabe der „Tourismusförderung“ als eigene Selbstverwaltungsaufgabe wahrzunehmen.

In Anwendung dieser Rechtsvorschrift beabsichtigt die Verbandsgemeinde Annweiler die Aufgabe „Tourismusförderung“ gemäß § 67 Absatz 3 GemO, soweit sie von überörtlicher Bedeutung ist, als Selbstverwaltungsaufgabe mit Wirkung ab 01.01.2016 zu übernehmen.

Diese Aufgabenübernahme ist allerdings auf Angelegenheiten beschränkt, die von überörtlicher Bedeutung sind.

Angelegenheiten von überörtlicher Bedeutung ergeben sich aus

  1. Führungs- und Planungsgrundlagen
  2. Angebotsentwicklung und – management
  3. Außenmarketing
  4. Innenmarketing und
  5. Touristinformation.

 

  1. Führungs- und Planungsgrundlagen

Die hierzu gehörende Teilaufgabe Aufbau- und Ablauforganisation ist als überörtlich zu bewerten, da es sich hierbei um eine Grundvoraussetzung für die originäre Aufgabenwahrnehmung durch die Verbandsgemeinde handelt. Dies gilt gleichermaßen für die weitere Teilaufgabe Planung mit den Unteraufgaben Tourismuskonzept, Marketing- und Mediaplanung.

 

  1. Angebotsentwicklung und –management

Hier sind die Teilaufgaben Angebotsgestaltung, Produktentwicklung und Qualitätsmanagement als überörtlich bedeutsam zu werten. Für alle drei Teilaufgaben ist das Kriterium „Qualität“ von entscheidender Bedeutung.

Dies ist ein maßgebliches Erfolgskriterium der touristischen Marktbearbeitung. Voraussetzung hierfür ist qualifiziertes Fachpersonal, das auf Grund der Kleingliedrigkeit in der Regel in den Ortsgemeinden nicht vorgehalten werden kann.

 

3.      Außenmarketing

Das Außenmarketing ist im Regelfall als überörtliche Aufgabe zu bewerten, die selbst auf Verbandsgemeindeebene nicht ausschließlich durch diese wahrgenommen werden kann. Die Verbandsgemeinde wird sich insoweit in das touristische Regionsmarketing (z.B. Dachverband Verein Südliche Weinstraße e.V.) einbringen.

 

4.      Innenmarketing

Das Innenmarketing ist eine wesentliche Aufgabe des Destinationsmanagements. Es erfordert entsprechende personelle und finanzielle Resscourcen, die die Ortsgemeinden überfordern. Daher ist es als überörtlich einzuordnen.

 

  1. Touristinformation

Eine zentrale Touristinformation in einer Verbandsgemeinde ist die maßgebliche Anlaufstelle für die vor Ort bzw. in der Region anwesenden Gäste und daher ebenfalls als überörtlich bedeutsam zu bewerten. Zur Gewährleitung einer einheitlichen und durchgängigen Angebotsqualität kommt gegenüber der örtlichen Touristinformation der Beratungs- und Unterstützungsfunktion der Verbandsgemeindeverwaltung nach § 70 Abs. 2 S. 1 GemO: „Die Verbandsgemeindeverwaltung berät und unterstützt die Ortsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben“ eine gesteigerte Bedeutung zu.

 

Das dringende öffentliche Interesse an der gemeinsamen Aufgabenerfüllung ist in Absatz 3 Kraft Gesetz gegeben. Es ist sinnvoll die Aufgabe der kommunalen Tourismusförderung auf Verbandsgemeindeebene wahrzunehmen, da sich der Tourismus seit Verbandsgemeindebildung stark gewandelt hat. Reichten vor mehr als 30 Jähren örtliche Angebote aus, um Gäste anzusprechen, erwartet der Tourist heute im Allgemeinen eine touristische Infrastruktur, die großräumig ist. Erst dann können die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die der Tourismus bietet, voll ausgeschöpft werden. Des Weiteren bedarf es einer ortsübergreifenden Werbung und Vermittlung touristischer Dienstleistungen.

 

Eine Bestandserhebung des Tourismus- und Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz e.V. aus dem Jahr 2009 zu den touristischen Strukturen auf der lokalen Ebene hat ergeben, dass diese durch ein hohes Maß an Heterogenität gekennzeichnet sind. So gibt es eine Vielzahl von Klein- und Kleinstorganisationen. 40% verfügen über maximal 50.000 Euro, davon knapp zwei Drittel über weniger als 15.000 Euro. 40% der Organisationen verfügen max. über 1,0 Vollzeitstellen. Dies sind nach Auffassung des Tourismus- und Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz e.V. „Kennzeichen von ineffizienter Aufgabenwahrnehmung und bestätigen den Bedarf  zur Zusammenführung und Straffung der Strukturen (zumindest) auf Ebene der Verbandsgemeinde“.

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Auch wenn die Verbandsgemeinde die Aufgabe „Tourismusförderung“ bislang noch nicht formell übernommen hat ist es faktisch jedoch so,  dass zahlreiche Ausgaben für den Bereich Tourismus (seit Jahrzehnten) von der Verbandsgemeinde getragen werden. Die Finanzierung dieser Ausgaben über den Verbandsgemeindehaushalt wird von allen Ortsgemeinden akzeptiert.  Nachdem mittlerweile  der Gesetzgeber durch Einfügung des § 67 Abs. 3 GemO die Möglichkeit für die Verbandsgemeinden eröffnet hat, die Aufgabe der Tourismusförderung als eigene Selbstverwaltungsaufgabe wahrzunehmen, sollte die  Aufgabe nunmehr auch formell von der Verbandsgemeinde übernommen werden um Ausgaben- und Aufgabenidentität und damit Rechtssicherheit zu schaffen.

In den vergangenen Jahren wurden jährlich durchschnittlich folgende laufende Ausgaben für den Bereich Tourismus über den Haushalt der Verbandsgemeinde finanziert:

·         Personalkostenzuschuss an Verein SÜW Annweiler                            120.000 – 130.000 €

Mietkostenzuschuss an Verein SÜW Annweiler                                                        6.000 €

Mitgliedschaften und Kooperationen der Verbandsgemeinde                                 25.000 € 

à Pfalz-Touristik e.V., Tourismus- Heilbäderverband,

     Wanderarena Pfälzer Wald ( insg. 13.500 €)

à neu: Mountainbikepark Pfälzer Wald (11.500 €)

Weitere Zuschüsse an Verein SÜW Annweiler (Marketingumlage)                         10.000 €

àQualitätsinitiative Wandern, überörtliche Werbung

Darüber hinaus gibt es immer wieder einmalige Ausgaben die über den Haushalt der Verbandsgemeinde finanziert werden wie z. B. Kostenbeitrag Landesgartenschau, Einrichtung Mountainbikepark.

 

Die formelle Aufgabenübernahme durch die Verbandsgemeinde ist insoweit ohne finanzielle Auswirkungen für Verbandsgemeinde und Ortsgemeinden, weil alle vorgenannten Ausgaben bereits bisher über den Verbandsgemeindehaushalt abgewickelt wurden. 

 

Es wird vorgeschlagen, im Zuge der Aufgabenübernahme die Marketingumlage an den Verein SÜW Annweiler  von bisher durchschnittlich 10.000 € pro Jahr auf 45.000 € pro Jahr zu erhöhen.

 

Begründung:

 

Der dem Verein SÜW zur Verfügung stehende Betrag für Marketing (eigene überörtliche Werbemaßnahmen, Hompage, Prospekte, Kooperationen, Innenwerbung mit Veranstaltungen) ist seit Jahren rückläufig. Ursachen hierfür sind steigende Kosten in anderen Bereichen (Klassifizierungen und Zertifizierungen, Versicherungen, anteilige Kosten an überregionalen Projekten wie Alpregio, deskline, Kartenmaterial Vis-à-Vis, technische Ausstattung) sowie geringere Einnahmen bei Pauschalen und der Wegfall von Zuschüssen (Keschdefeschd Stadt). Für die eigentliche Kernaufgabe, die eigene überörtliche Tourismuswerbung für das Trifelsland, stehen derzeit jährlich lediglich 6.000 bis 10.000 € zur Verfügung.

 

Im Gegenzug zur Erhöhung der Marketingumlage soll die Mitgliedschaft der Ortsgemeinden im Verein SÜW Annweiler beitragsfrei gestellt werden bei gleichzeitigem Wegfall der möglichen Inanspruchnahme des sog. Drittelanteils durch örtliche Untergliederungen. Darüber hinaus sollen Anzeigen in Imagebroschüre und Wanderführer für die Ortsgemeinden künftig kostenfrei sein.

 

Die finanziellen Auswirkungen für die Ortsgemeinden stellen sich wie folgt dar:

·         Marketingumlage                                                                                 45.000 €

·         bereits bisher über Haushalt VG finanziert und damit ohne

zusätzliche Auswirkungen auf Ortsgemeinden                                    -10.000 €

·         Beitragsfreiheit der Ortsgemeinden im Verein SÜW Annweiler           -12.000 €

·         Kostenfreiheit für gemeindliche Anzeigen in Imagebroschüre

und Wanderführer                                                                               -11.000 €

 

„echte“ Mehrbelastung der Ortsgemeinden                                      12.000 €

(= 0,1%-Punkt VG-Umlage)

 

Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 18.06.2015 einstimmig die Aufgabenübernahme „Tourismusförderung“ im Rahmen des § 67 GemO empfohlen.


  1. Der Verbandsgemeinderat beschließt einstimmig die Aufgabenübernahme „Tourismusförderung“ im Rahmen des § 67 Abs. 3 GemO.
  2. Der Verbandsgemeinderat beschließt einstimmig dem Verein SÜW Annweiler jährlich eine Marketingumlage in Höhe von 45.000,00 € zur Verfügung zu stellen.